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Gero von Randow, Zeitredakteur und Mitinitiator des Hamburger Gesprächskreises "Wirtschaft und Wein" hat sich mit dem Buch "Genießen - ein Ausschweifung" eloquent hineingeworfen in das weite Feld des Genießens.
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"Genießen – eine Ausschweifung" von Gero von Randow

Versetzen Sie sich in Gedanken an eine lange Tafel. Vor Ihnen ist mit herrlichem Geschirr für ein mehrgängiges Menü eingedeckt, der Schein der Kerzen bricht sich in den Gläsern, die Stoffservietten sind aus echtem Leinen, aus der Küche wehen verheißungsvolle Düfte herüber. Die illustre Runde am Tisch verspricht anregende Gespräche. Und während ihnen erwartungsvoll das Wasser im Mund zusammenläuft, das erste Glas Champagner serviert wird und Sinne und Synapsen anfangen zu sirren, fängt ihr Tischnachbar an zu sprechen.

Er beginnt bei den Bläschen im Champagner und schweift in einem eleganten Bogen zu den Microbubbles im Universum. Gemeinsam mit ihm mäandern Sie lustvoll durch eine Welt voller Weine, der masochistischen Lust des Chilli-Essens und kulturphilosphischen Betrachtungen. Unter von Randows eloquenter Führung verliert man sich dabei in Gedankenräumen, die alle um Aspekte des Genießens kreisen: Die Vorlust, die Hingabe, die Sinne, die Anderen, die Heiterkeit und auch die Moral sind Orte der Ausschweifung.

Es macht Vergnügen, sich mit Gero von Randow in Details zu verlieren, gewagten Assoziationen zu folgen und unversehens wieder den roten Faden in Händen zu halten. Ein roter Faden, der vielleicht die dunkelrote, ans Schwarz grenzende Farbe einer Kir Royal Schliere in einem Weisweinglas haben kann, das leuchtende Rot eines Streifens frischer roter Chilli, oder das blasse Rosa einer Kalbszunge. In jedem Fall ist er eine warme Gedankenschnur durch das Buch, die das Ab- Aus- und Umherschweifen nicht konfus wirken lässt, sondern in einem eine Lust lebendig macht, die mit dem Genießen eine Liebesehe eingegangen ist: Die Lust, nicht zu wissen, wo einen die nächste Gedankenbiegung und das Hineinschmeißen in die „Resonanz der Welt in unseren Sinnen“ hinführen wird.

Genießen hat immer etwas damit zu tun, in das Unbekannte auszuschweifen, den Strömen des Vergnügens und der Neugierde zu folgen. Und gleichzeitig das Maß an Maß zu halten was verhindert, dass der Genuss zum Überdruss wird. Was dieses Buch so außergewöhnlich macht ist, dass es nicht nur eloquent über den Genuss in seinen diversen Formen schreibt, sondern schreibend die Geste des Genießens vollzieht: das lustvolle Sich- Entäußern, Verlieren und Neu-Entdecken einer Welt, die uns nicht nur satt machen kann, sondern auch ungeheure Vergnügen bereit hält.


(Buchrezension: Judith de Gavarelli)


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